Laut eines Berichts des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) aus dem Jahr 2019, büßen Hersteller von Original-Autoteilen schätzungsweise jährlich rund 2,2 Milliarden Euro allein durch den Verkauf gefälschter Reifen ein - und weitere 180 Millionen Euro durch Batterieplagiate. 1 Nun sind Reifen und Batterien ziemlich leicht zu imitieren, aber raffinierte Fälscher nehmen auch komplexere Bauteile ins Visier: Von der Elektronik bis zum Antriebsstrang werden alle Komponenten illegal kopiert und in großen Mengen verkauft.
Diese Fälschungen sind meist nicht vom Original zu unterscheiden – zumindest äußerlich. Allerdings kann ein Teil, das lediglich identisch so aussieht wie sein echtes Gegenstück, niemals die gleiche Leistung oder Funktionalität bieten. Illegitime Nachbauten werden im Gegensatz zu den legitimen Vorbildern keinen strengen Tests unterzogen, die sicherstellen, dass sie den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Daher sind sie nicht nur unzuverlässiger, sondern können auch für Autofahrer und Fußgänger extrem gefährlich sein.
Viele Automobilkomponenten kommen unter rauen Betriebs- und Umgebungsbedingungen zum Einsatz. Daher ist ihre Produktintegrität von größter Bedeutung, da ein Ausfall schwerwiegende Folgen haben kann. Aufgrund der vielen systemkritischen Elemente eines Fahrzeugs, die der Gefahr einer Fälschung unterliegen, ist es sehr wichtig, Originalkomponenten identifizieren und authentifizieren zu können. Denn nur so lässt sich das notwendige Maß an Betriebseffizienz und Sicherheit gewährleisten.
Elektrisch betriebene Mobilitätslösungen werden aktuell mehr und mehr zum Standard. Daher ist es nicht überraschend, dass ein Teil der Lösung zum Eindämmen von Produktpiraterie selbst elektronisch ist: Integrierte Elektronikbauteile – etwa Komponenten wie RFID-Chips – lassen sich dank fortschrittlicher Materialkenntnisse in eine Elastomerkomponente einbetten oder sogar direkt auf die Oberfläche drucken, um eine funktionale Struktur zu bilden. In dieser können umfangreiche Informationen gespeichert werden – von Los- und Chargencodes bis hin zu Teilenummern und anderen Produktionsinformationen. So ist nicht nur die Authentifizierung eines Bauteils einfach und effizient, sondern es wird auch gewährleistet, dass der Rückruf eines bestimmten Teils oder einer bestimmten Charge viel einfacher zu planen und zu managen ist.
Das Team für Advanced Technologies bei Dätwyler hat für diese Lösung Pionierarbeit geleistet – unter anderem auf Basis einer erweiterten Materialprüfung und analyse. Schließlich können ein Chip oder Sensor nicht einfach in ein Bauteil eingesetzt werden: Die Materialeigenschaften müssen es zulassen, Komponenten unter den vom Fahrzeug vorgegebenen Bedingungen zu integrieren und gleichzeitig gewährleisten, dass das abzurufende Signal durchgelassen wird. Es ist also ein diffiziler Balanceakt, der viel Wissen und Erfahrung erfordert.
Einerseits macht die Komplexität der Lieferketten die Unternehmen in der Branche für Mobiltechnologien anfällig für Produktfälschungen, andererseits bringt sie die Einführung fortschrittlicher Identifikationsmethoden in Form integrierter Elektronikkomponenten einen Schritt nach vorn. Denn sie machen es für gefälschte Komponenten deutlich schwieriger einen Weg in die Serienfahrzeuge zu finden – sei es bei deren Produktion oder als Ersatzteil. Damit eröffnet sich für die Branche ein Weg, um sichere, zuverlässige und effiziente Mobilität mit ihren Technologieprodukten zu unterstützen und diejenigen auszugrenzen, die grundlegende Spielregeln nicht beachten.